Straßenumbenennung nur sozial verträglich und im Dialog

Gemeinsame Pressemitteilung der Fraktionen DIE LINKE/Die PARTEI und SPD

 

Die Spitzen der beiden Stadtratsfraktionen DIE LINKE/Die PARTEI und SPD sind sich mit Blick auf den aktuellen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen einig, dass Straßenumbenennungen ein angemessener und wichtiger Schritt zur Aufarbeitung des Dritten Reiches sind, die durch sie betroffenen Bürgerinnen und Bürger aber gut auf dem Weg dahin mitgenommen werden müssen. ,,Man stelle sich vor, heute würde jemand vorschlagen, ein neues Wohngebiet nach einem erklärten NS-Sympathisanten zu benennen. Die Reaktion jedes aufrechten Demokraten wäre doch, mit größter Empörung zu reagieren.

 

Die Umbenennung von belasteten Straßennamen ist kein Problem, sondern historische Verantwortung‘‘, sagt Selmar Ibrahimovic, Fraktionsvorsitzender der Fraktion DIE LINKE/Die PARTEI. Historische Verantwortung, in diese Kerbe schlägt auch die Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion, Andrea Kleene-Erke. ,,85 Jahre nach der Reichspogromnacht, wenige Wochen nach dem schlimmsten Angriff auf jüdisches Leben nach dem zweiten Weltkrieg stellt sich mir überhaupt nicht die Frage, ob Straßen die Namen von NS-Unterstützern tragen dürfen sollen‘‘. Die beiden Fraktionsvorsitzenden weisen darauf hin, dass die Statistik belegt, dass die größte Gefahr für Jüdinnen und Juden in Deutschland noch immer vom rechtsextremen und rechtspopulistischen Spektrum ausgeht. Damit verweisen sie unter anderem auf den Bericht des Bundesverbandes der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus. Der Bericht aus dem Jahr 2022 zeigt auf, dass über 80 % der Straftaten, in denen der Täter bekannt ist, dem rechtsextremen und dem verschwörungsideologischen Milieu zugeordnet werden können.

 

Der Ausruf ,,Nie wieder ist jetzt!‘‘ muss bedingungslos gelten. „Doch wir möchten die Bürgerinnen und Bürger, die schließlich nichts für die bisherigen belasteten Straßennamen ihrer Häuser und Wohnungen können, nicht vor vollendete Tatsachen stellen und übermäßig belasten. Deshalb knüpfen unsere beiden Fraktionen ihre Zustimmung an Bedingungen“, so Ibrahimovic und Kleene-Erke einmütig. ,,Die Bürgerinnen und Bürger sollten in diesen schwierigen finanziellen Zeiten nicht weiter zur Kasse gebeten werden. Alle Dokumente, die bei der Stadt erneuert werden müssen, müssen kostenlos ausgestellt werden‘, fordert Ibrahimovic. ,,Außerdem ist uns wichtig, die Bürgerinnen und Bürger auch im Prozess mitzunehmen. Die Hoetmarerinnen und Hoetmarer sollen sich z. B. gerne einen geeigneten Hoetmarer für die Bezeichnung ihrer Straße aussuchen dürfen, und auch FN und DOKR können sich sicherlich auf einen anderen, wohlverdienten Reiter / Reiterin oder einen anderen Bezug zum Reitsport als den durch seine Beziehung zum Naziregime belasteten bisherigen Namensträger einigen‘‘, fügt Kleene-Erke hinzu. Die letzte Bedingung der beiden Fraktionen ist eine ausreichende Übergangszeit nach einem erfolgreichen Ratsbeschluss, damit z.B. bereits bedruckte Briefumschläge aus Gründen des Umweltschutzes noch aufgebraucht werden können und genug Zeit für eine stressfreie Umstellung bleibt.