„Das war eine tolle Veranstaltung, die wir unbedingt in regelmäßigen Abständen wiederholen sollten“ – so lautete das einhellige Fazit der 14 Unentwegten, die dem Dauerregen getrotzt und sich zum SPD-Bürgerinnen- und Bürgergespräch für Warendorf Mitte und Süd in den Räumlichkeiten der AWO an der Langen Kesselstraße eingefunden hatten. Trotz der vergleichsweise geringen Resonanz freute sich der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Warendorf/Einen-Müssingen Andreas Hornung darüber, dass immerhin die Hälfte der Anwesenden aus Nicht-SPD-Mitgliedern, also interessierten Bürgerinnen und Bürgern bestand.

Nachdem die Vorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat Andrea Kleene-Erke anhand des SPD-Kommunalwahlprogramms aus 2020 zusammengefasst hatte, welche Ziele bereits erreicht worden sind und wo in den nächsten Jahren noch Handlungsbedarf besteht, stellte Bürgermeister Peter Horstmann als Gast seine persönliche Halbzeitbilanz vor. „Ich bin sehr stolz auf Vieles, das wir in Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Bürgerschaft und Kommunalpolitik mit bunten und wechselnden Mehrheiten in den ersten 2 ½ Jahren meiner Amtszeit erreicht haben“, machte er deutlich, dass sich die Stadt Warendorf nicht hinter anderen Kommunen zu verstecken braucht. „Obwohl die Auswirkungen der Corona-Pandemie zumindest die ersten 1 ½ Jahre meiner Tätigkeit als Bürgermeister maßgeblich geprägt haben und sich immense kommunale Herausforderungen in Folge des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine nahtlos angeschlossen haben, ist der soziale Zusammenhalt in Warendorf noch immer vorbildlich. Mit großen Anstrengungen hat es unsere Sozialverwaltung geschafft, trotz sehr hoher Zuweisungszahlen immer vor der Welle zu bleiben und alle Flüchtlinge in Warendorf dezentral und menschenwürdig unterzubringen.
Die Jugendlichen in Warendorf und den Ortsteilen wählen gerade erstmals ein Jugendparlament, für das sich 21 Kandidatinnen und Kandidaten haben aufstellen lassen. Der dritte Bauabschnitt der Stadtstraße Nord ist im Bau, ebenso die schrittweise Sanierung der Straßen und Wege in der Altstadt. Zusammen mit den Stadtwerken haben wir eine sichere, trotz Tariferhöhungen halbwegs bezahlbar bleibende Energieversorgung der Haushalte in unserer Stadt sichergestellt und planen gemeinsam ein Fernwärmenetz, mit dem dann auch städtische Liegenschaften zukünftig klimaneutral versorgt werden könnten, wenn die Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes sichergestellt werden kann“, nannte Horstmann einige wichtige Erfolge und Etappenziele. Natürlich sei aber auch er unzufrieden damit, dass vor allem aufgrund fehlender personeller Ressourcen wichtige Bauprojekte wie etwa der Neubau mehrerer notwendiger Kitas sowie der Um- und Ausbau von Schulen noch nicht so vorangekommen sei, wie er es sich selbst wünschen würde, und das vor dem Hintergrund stark steigender und daher kaum kalkulierbarer Baukosten. Deswegen sei es ein neuer, aber richtiger Weg, jetzt im Stadtrat drei Kitas mit Investitionsmodellen verbindlich auf den Weg zu bringen. Zudem hob Horstmann hervor, dass sich Verwaltung und Politik ehrlich machen müssen, da das Investitionsvolumen der Vielzahl eigentlich notwendiger Infrastrukturprojekte die städtische Finanzkraft in den kommenden Jahren deutlich überfordern werde. Er sei deshalb stolz, dass seine Verwaltung und alle Ratsfraktionen in einer gemeinsamen, von anderen Kommunen sehr beachteten Anstrengung eine Projektliste zur Priorisierung der Vorhaben erarbeitet habe.

Andrea Kleene-Erke hob hervor, dass diese Projektliste natürlich in den kommenden Jahren auch immer wieder auf den Prüfstand gehöre und wo nötig angepasst werden müsse. Angesichts der Zahl der Teilnehmenden wurde einvernehmlich auf die an sich vorgesehenen vier Themenworkshops verzichtet, sondern in den folgenden 1 ½ Stunden ausgesprochen lebhaft und fachlich in großer Runde diskutiert. Heiner Kamp von der WIWA Wirtschaft für Warendorf brachte sich engagiert in die Debatte mit ein. Er vermisste das Thema Wirtschaft in der Einladung. Ohne den Einsatz und die Gewerbesteuern der Gewerbetreibenden könne Warendorf seine Ziele nicht erreichen. In vielen Bereichen seien Kompromisse gefragt, etwa bei der Nutzung des Marktplatzes zwischen den Gastronomen und den Gemeininteressen der Passanten. Als der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Andreas Hornung beim Thema bezahlbarer Wohnraum hervorhob, dass es angesichts des Wegfalls von allein 133 Wohnungen aus der Sozialbindung im Jahr 2024 dringend eines – von der SPD seit ihrem Antrag aus 2018 erfolglos angemahnten – Konzepts der Stadt zum öffentlich geförderten Wohnungsbau bedürfe, hob Kamp hervor, dass dazu auch die Zusammenarbeit mit in Warendorf aktiven Investoren gehöre, für die angesichts veränderterer Rahmenbedingungen der öffentlich geförderte Wohnungsbau wieder interessant werde.
Im Bereich des Klimaschutzes mahnten Wolfgang Richter, sachkundiger Bürger der SPD im Umwelt- und Mobilitätsausschuss, und Herr Lüffe als interessierter Gast an, müsse es zu viel konkreteren Fortschritten kommen. Photovoltaik auf den Dächern der Altstadt müsse durch eine dies nicht verhindernde Neugestaltung der entsprechenden Satzung ermöglicht werden, und die in verschiedenen Bereichen Warendorfs geplanten Windkraftprojekte müssten nach Kräften aktiv gefördert und unterstützt werden. Herr Lüffe stellte sich konkret die Möglichkeit von Bürger-Windparks vor. Ein weiterer Gast, Frau Cordes, empfand die Fortschritte im Bereich der Bürgerbeteiligung und -informierung noch nicht als ausreichend. Im Gespräch mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern werde ihr immer wieder deutlich, dass zum Beispiel kaum jemand wisse, warum die Neugestaltung des Brinkhausgeländes seit vielen Jahren nicht sichtbar vorankomme und wie sich dort die geplanten Abläufe darstellten. Andreas Hornung erläuterte, dass die Verwaltung derzeit auf Grundlage der in dieser Wahlperiode geändert beschlossenen „Warendorfer Position“ und der Ergebnisse der jüngst präsentierten Machbarkeitsstudie zur Nachnutzung der vorhandenen Brinkhausgebäude und -hallen den Text für eine Ausschreibung überarbeitet, mit der der Rat noch vor der Sommerpause einen städtebaulichen Wettbewerb zur Neugestaltung des Geländes auf den Weg bringen wird. Mehrere Besucherinnen und Besucher des Bürgertalks mahnten an, dass nach der Sichtung und Prämierung der Ergebnisse (voraussichtlich im ersten Halbjahr 2024) dann aber auch zeitnah erste Schritte der konkreten Bauleitplanung in die Wege geleitet werden müssten.

Markus Haffke, SPD-Ratsherr für die Altstadt, erklärte ergänzend: „Ich finde es wichtig, dass bei der Ausschreibung auch das noch von der Laurentiusschule genutzte Gebäude an der Klosterstraße und die Brinkhausvilla mitgedacht werden. Die Brücke zwischen den Grundstücken ist nach fachlicher Einschätzung intakt und erhaltenswert, so dass das Konzept größer gedacht werden und sich nicht nur auf die eigentliche Emsinsel beschränken sollte.“ Mit dem Versprechen, eine vergleichbare offene Bürger-Information und Diskussion spätestens im kommenden Jahr zu wiederholen, entließ Andreas Hornung die Gäste schließlich in den strömenden Regen und verdienten Feierabend.
