Haushaltsrede der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Warendorf zum Haushalt 2023

– Es gilt das gesprochene Wort –

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Horstmann,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

wer hätte im letzten Jahr gedacht, dass nach der Corona-Krise mit dem Einmarsch von Wladimir Putin am 24.02.22 in die Ukraine eine weitere Krise und ein neues Kapitel von Krieg und Leid in Europa einzieht. Jahrelang nahm der Wohlstand in unserer Gesellschaft zu. Corona und der aktuelle Krieg haben jedoch viel verändert, das Leid der Ukrainer und Ukrainerinnen macht uns fassungslos. Auch wir spüren die Folgen hier vor Ort und gerade jetzt sind wir alle gefragt, die Energiekrise, die angespannte Finanzsituation und die Betreuung der hier eintreffenden Geflüchteten, gemeinsam zu meistern. Dies ist uns bis jetzt allen gemeinsam gut gelungen.

 

 

Trotz der großen Krisen ist in Warendorf viel Positives passiert. Wir haben weiterhin eine sehr gute und stabile Wirtschaftslage. Hier gilt mein herzlicher Dank allen Gewerbetreibenden in Warendorf, die uns auch 2022 ein Gewerbesteueraufkommen in nicht geplantem Ausmaß bescheren und damit in großem Maße dazu beitragen, dass wir diese Stadt gemeinsam voranbringen können. Viele Fortschritte gibt es im sozialen Bereich:

 

  • Die Seniorenbeauftragte, Frau Sporket, leistet sehr gute Arbeit. Hier ist z.B. das Projekt „Erzähl mir was“, in dem Ehrenamtliche auf Erzählbänken Platz nehmen und ein offenes Ohr für Bürgerinnen und Bürger haben, zu nennen. Ein tolles Projekt und ein gutes Beispiel dafür, wie gut die Zusammenarbeit mit Hauptamt und Ehrenamt funktioniert und wie wichtig es ist, mit der Seniorenbeauftragten eine koordinierende Stelle in der Verwaltung zu haben. Viele weitere Projekte wurden angestoßen. Nur ein Wehrmutstropfen bleibt, die von uns beantragte Seniorenbegegnungsstätte ist weiterhin nicht gefunden, im Gegenteil, es wird mehr denn je nach Räumlichkeiten u.a. für den Seniorenfreizeitkreis und den Café Kinderwagen gesucht.

 

  • Das Jugendparlament ist auf den Weg gebracht. Junge Menschen in unserer Stadt bekommen erstmals eine förmliche Repräsentation und ein Sprachrohr, mit dem sie ihre Belange unmittelbar an Politik und Verwaltung herantragen und mitbestimmen können.

 

  • Wir haben den Zuschlag bei der Förderung „Inklusive Stadt“ des Landes erhalten. Ein wirklich toller E Die Stadt Warendorf und der Caritasverband im Kreisdekanat Warendorf e.V. erhalten als Tandem für ihr Projektkonzept mit dem Motto „verstehen – verändern – verstetigen“ den Zuschlag, ein Projekt, dass uns mit einer Gesamtförderung von 200.000 € jährlich für die nächsten 5 Jahre bei dem Thema Inklusion gut vorbringen wird.

 

  • Mit Rolf Schürmann konnte ein neuer ehrenamtlicher Inklusionsbeauftragter installiert und damit, wie von der SPD-Fraktion seit vielen Jahren gefordert, eine Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung in der Verwaltung etabliert werden. Ein echter Gewinn für die Stadt.

 

Aber auch im Bereich von Wirtschaft, Infrastrukturinvestitionen und Klimaschutz kommen wir voran. Hier gilt für uns als SPD-Fraktion für den HH 2023 das Motto: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“:

 

  • Wir machen uns zusammen mit den Stadtwerken auf den Weg, neue Pfade in Richtung Fernwärme zu beschreiten. Nachdem wir als Vorreiter mit einem kalten Nahwärmenetz im Baugebiet „in de Brinke“ vorangegangen sind, ist dies ein weiterer Schritt in Richtung Klimaneutraler Stadt mit einem Anteil von 70% aus regenerativer Energie aus der Ems.

 

  • Der dritte Abschnitt der Stadtstraße Nord ist mitten im Bau, schließt eine Verkehrslücke und wird den Verkehr in der Kernstadt spürbar entlasten.

 

  • Auch in den Ortsteilen geht es voran. In Freckenhorst konnte der erste Spatenstich für die neue Sporthalle gesetzt werden. Aber an dieser Stelle mache ich auch ganz deutlich, was nicht geht. So können Sie als Verwaltung nicht mit uns umgehen. Wir haben jahrelang klar dargestellt, dass wir sowohl eine Möglichkeit, in begrenzter Anzahl Veranstaltungen in dieser Halle durchzuführen, als auch eine Entwicklung der angrenzenden Fläche wünschen. Uns jahrelang zu suggerieren, dies sei im begrenzten Ausmaß möglich und uns am Ende vor die Wahl zu stellen, Baugebiet oder Veranstaltungen nach 22.00 Uhr, das geht nicht.

 

  • Wir haben uns in einer tollen Bewerbung für die Landesgartenschau beworben, mit großem Engagement seitens der Bürgerschaft, der Verwaltung, insbesondere von Frau Schembecker (früher Kell) und der Politik. Leider sind wir nur als zweiter Sieger vom Platz gegangen, aber die eingebrachte Bewerbung hat uns mit ihren Denkanstößen sicherlich weiter vorangebracht und die signalisierte Unterstützung seitens des Landes wird hoffentlich auch so eintreten.

 

  • Erste Maßnahmen des Radwegekonzeptes wurden und werden umgesetzt.

 

  • Auch bei den Schulen passiert einiges. Neben Verbesserungen in der IT-Infrastruktur, dem neuen WLAN, neuen IPads für die Schüler wird der OGS-Bereich der Everwordschule auf den Weg gebracht, in Hoetmar an der Dechant-Wessingschule geht es voran und auch beim Anbau des Marienschule wurden wichtige Weichen gestellt.

 

 

Hier zeigt sich aber auch das Dilemma, in dem wir aktuell stecken. Bauprojekte sind angesichts explodierender Kostensteigerungen kaum noch kalkulierbar.  Dies zeigt sich auch beim Parkhaus am Bahnhof. Noch unkalkulierbarer ist es im Kita-Bereich.  Angesichts von sieben anstehenden Neubauprojekten in den kommenden Jahren im Kita-Bereich müssen auch wir als SPD-Fraktion von unserer ursprünglichen Linie abweichen, alle Projekte in eigener städtischer Hand umsetzen zu können. Stand heute werden neben den durch die Stadt realisierten 4 Kitas in drei Fällen auch Private-Public-Partnership Modelle mit Unterstützung durch städtische Mittel durchgeführt. Hier sind die Kita’s In de Brinke durch die Marienstiftung, in Milte durch die Katholische Kirchengemeinde zusammen mit der Fa. Gründker und in Hoetmar im Projekt „Campus Hoetmar“ zu nennen. Wichtig ist uns hierbei, bei der Wahl der Investoren gut und umsichtig zu sein. Negativbeispiele wie die Kita in Ostbevern, aber auch unsere damalige Stadthalle gibt es genug. Wichtig sind aus Sicht unserer Fraktion darüber hinaus belastbare Baukostenkalkulationen der Investoren für die jeweiligen Projekte, die der verlässlichen Prüfung der gebotenen Wirtschaftlichkeit standhalten. Im Falle des Neubaus der Kita in Milte möchten wir aber auch noch einmal auf die von uns kritisierte mangelnde öffentliche Beteiligung im Vorhinein hinweisen und weitere nachfolgende Kritikpunkte benennen:

  • Der recht große quadratische „Klotz“ mitten in der guten Stube Miltes
  • Parkplätze auf der Dorfstraße fehlen bereits jetzt und es gehen durch das Projekt weitere verloren
  • Eine Zufahrt (Kindertransfer) über die sehr enge Brockstraße ist problematisch, es besteht keine ausreichende Wendemöglichkeit
  • alter Baumbestand geht teilweise verloren.

 

Ein zusätzliches Risiko im Kita Bereich kommt noch hinzu. Bei der Kitafinanzierung werden wir Kommunen vom Land NRW seit Jahren komplett im Regen stehen gelassen. Zu einem seit Jahren unveränderten Quadratmetermietzins im KiBiz von 9,02 € kann keine Kommune und kein Investor eine Kita auch nur annähernd auskömmlich bauen und betreiben.

 

Wir haben gemeinsam in guter Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und allen Ratsfraktionen eine Projektliste erstellt, die zeigt, wieviele Projekte wir aktuell und in den nächsten Jahren vor der Brust haben und wie wir diese einvernehmlich priorisieren. Dies ist wichtig, denn nur wenn wir die Übersicht und die Transparenz über die aktuell anstehenden Projekte haben, können wir entsprechend reagieren, gegensteuern, Maßnahmen ergreifen und neu justieren. Und genau das werden wir regelmäßig und auch am Anfang des nächsten Jahres machen müssen. (Dazu später mehr)

 

Die vielen Projekte zeigen aber auch, unsere Verwaltung ist am Limit, das Arbeitsaufkommen ist stetig gestiegen. Und dort, wo eine Verwaltung am Limit ist, passieren auch Fehler und Umsetzungen wie das Parkraumkonzept „Ruhender Verkehr“ lassen zum berechtigten Ärger der BürgerInnen lange auf sich warten. Und sind wir ehrlich, auch wir im Ehrenamt spüren die immer größere Belastung, so manches Mal haben sicherlich viele von uns gedacht, dass die Ratsarbeit kaum noch mit einem Fulltime-Job und Familie vereinbar scheint. Und dieser Überlastung der Verwaltung müssen wir geeignete Maßnahmen entgegensetzen. Auch hier gilt: Wer A sagt, muss auch B sagen, wer eine bürgerfreundliche und effektive Stadtverwaltung möchte, muss diese auch entsprechend personell ausstatten. Eine Konsequenz ist die jetzt zur Abstimmung stehende Ausweitung des städtischen Stellenplans. Hierin enthalten sind die knapp zehn Reinigungskräfte, deren Einsatz als städt. MitarbeiterInnen wir weiterhin sehr begrüßen. Es gibt gestiegenen Personalbedarf auch für die Bauverwaltung vor dem Hintergrund der Vielzahl anstehender Infrastrukturprojekte und für die Sozialverwaltung angesichts des nicht nur im Zuge des Ukraine-Krieges wieder gestiegenen Flüchtlingsaufkommens, der neuen Anforderungen des Wohngeldgesetzes ab 2023 und der Aufwertung der Schulsozialarbeit und im IT-Bereich.

 

In diesem Zusammenhang steht auch der bereits in der letzten Ratssitzung verabschiedete Plan, die Aufgabenbereiche der Verwaltungsspitze u. a. mit einem weiteren, dritten Dezernenten neu zu strukturieren, wobei der BM selbst keines der Dezernate mehr in seiner eigenen originären Zuständigkeit hat, sondern die einzelnen Bereiche als Verwaltungschef strategisch lenken wird. Wie BM Horstmann selbst in einer SPD OV Sitzung einräumte, habe er in der Gesamtschau der Leitung der Verwaltung und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, der erforderlichen Teilnahme an einer Vielzahl von Gremiensitzungen sowie der Repräsentation der Stadt bei Bürgerinnen und Bürgern und Vereinen sein bisheriges eigenes originäres Dezernat rein faktisch nicht so leiten können, wie er es sich vorstelle. In den neuen Strukturen werde er seine strategische Lenkungsaufgaben, unterstützt von drei Dezernenten in den verschiedenen Aufgabenbereichen, deutlich effektiver wahrnehmen können. Für uns ist diese Argumentation schlüssig und wir tragen den Stellenplan mit. Aber ich mache auch ganz klar deutlich: Hiermit sind auch Erwartungen verbunden. Wir versetzen die Verwaltung in die Lage, sich besser aufzustellen, dann erwarten wir aber auch sichtbare Ergebnisse, mehr Effizienz, kürzere Umsetzungszeiten, insbesondere eine Steigerung in der Umsetzung der Projektliste.

 

Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, haben wir vieles auf den Weg gebracht, und dies in Zeiten von multiplen Krisen, und unserer mutiger HH für 2023 setzt die richtigen Prioritäten und schafft Perspektiven.

 

Und damit schaue ich zur anderen Seite dieses Stadtrates hinüber und komme zum dort offenbar vorherrschenden Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“: Ich frage Sie, liebe CDU. Ist das alles eigentlich Nichts??? Wenn man Ihnen im Laufe der Haushaltsplanberatungen und auch in den Äußerungen davor zuhört, könnte man fast diesen Eindruck gewinnen. Ihre Art, den Bürgermeister, aber auch insbesondere die Verwaltung zu attackieren, empfinde ich als eher befremdlich, es scheint so, als üben sie sich in Fundamentalopposition.

 

Der Bürgermeister hat gewechselt und wir finden, dass dieser von uns unterstützte Bürgermeister Peter Horstmann unserer Stadt gut tut und sie voran bringt, unsere Unterstützung, Peter, hast du weiterhin! Die Mehrheiten haben gewechselt und dieser bunte Stadtrat funktioniert gut, immer im Ringen um gute Ideen für eine Weiterentwicklung unserer Stadt. Aber die Verwaltung ist geblieben. Sollte Ihnen das entgangen sein? Die jetzt erfolgte immer wieder geäußerte massive Kritik an der Verwaltung ist nicht hinnehmbar und echt schlechter Stil. Es wurden auch fast 30 neue Stellen unter dem vorherigen BM Axel Linke geschaffen, ich kann mich nicht erinnern, hierzu je ein kritisches Wort Ihrerseits gehört zu haben. Fast alle Projekte der Projektliste wurden mit großer Mehrheit beschlossen. Und hier sagen wir: Wer A sagt muss auch B sagen, dann müssen wir der Verwaltung auch die Mittel in die Hand geben, diese umzusetzen!

 

Und dabei waren Sie bei haushaltswirksamen Anträgen ganz weit vorne und haben auch eine zusätzliche ½ Stelle für die Schulsozialarbeit gefordert. Sie haben allerdings nur düstere Zeiten an die Wand gemalt, fehlt eigentlich nur noch, dass sie wieder von bleiernen Zeiten sprechen. Einzig die Antworten bis auf ganz wenige Aussagen, wo sie denn sparen möchten, blieben sie uns schuldig. Nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.

 

Auch wir waren in der Vergangenheit oft in der Opposition, aber wir haben konstruktiv mitgearbeitet, uns eingebracht und so manchen Haushalt mitgetragen. Es geht hier darum, im Rat die besten Lösungen für unsere Stadt und ihre Ortsteile zu schaffen. Das, was Sie in Teilen machen, ist Fundamentalopposition und dies auf dem Rücken der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung.

 

Teilweise haben Sie Ihre Position zum HH in den Fachausschüssen nicht einmal begründet. Stattdessen hörten wir von Ihnen Äußerungen wie im Bezirksausschuss EiMüMi:

  • „Es gibt doch neue Mitarbeiter in der Verwaltung, dann geben wir ihnen doch was zu tun“
  • Oder „Die sollen doch erst einmal die bestehenden Projekte umsetzen“…

 

 

Kommen wir zum Schluss zu den Finanzen und den Ausblick auf die kommenden Jahre. Wir sind nicht blauäugig, auch uns machen die im Haushaltsplan für 2023 und die Folgejahre geplanten massiven Infrastrukturinvestitionen und die damit einhergehende deutliche Steigerung der Verschuldung der Stadt Warendorf große Sorgen. Erst recht, da die haushälterische Isolierung der Corona-Schäden und neuerdings der Ukraine-Schäden nicht mehr als ein Taschenspielertrick ist und uns spätestens 2026/ 2027 wieder einholen wird. Die massiven Kostensteigerungen im Bausektor und die absolut nicht auskömmliche Kitafinanzierung sind weitere Unsicherheitsfaktoren. Hier geht mein Appell deutlich in Richtung Bund und insbesondere in Richtung Land, die Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen. Auch wissen wir heute schon, dass 2023 erst der Anfang einer immer noch anhaltenden besonderen angespannten Finanzsituation sein wird, auch 2024 sind keine rosigen Zeiten prognostiziert.

 

In diesen Zeiten gilt es daher mehr denn je: Nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Wir sollten bereits Anfang nächsten Jahres die Projektliste kritisch betrachten und schauen, wo wir ggfs. nachjustieren müssen.

 

In diesem Sinne, packen wir es gemeinsam an.

 

Die SPD-Fraktion ist sich ihrer Verantwortung in schwierigen Zeiten bewusst und wird dem HH 2023 einschließlich dem Stellenplan zustimmen.

 

Ich bedanke mich beim BM, der Verwaltung und den Fraktionen, insbesondere meiner Fraktion für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünsche Ihnen allen frohe Weihnachten und alles Gute im neuen Jahr.

 

Danke an alle für ihre Aufmerksamkeit.

 

 

Andrea Kleene-Erke

Vorsitzende der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Warendorf

 

#HH2023 Haushaltsrede von Andrea Kleene-Erke auf Youtube

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