Der zweite regionale Lockdown im Kreis Warendorf hat gezeigt, wie fragil unser Weg in Richtung Normalität ist. Gerade unter diesen Bedingungen sollten wir die Ängste von Menschen vor Erkrankung besonders aus Risikogruppen ernst nehmen und berücksichtigen. Deshalb empfinde ich Kommentare, wie sie im Umfeld der letzten Ratssitzung am 25.06 geäußert wurden, sehr bedenklich. Wenn gesagt wird, dass nie eine bessere Bürgerbeteiligung möglich gewesen wäre, empfinde ich das als zynisch. Dass Bedenken von Bürgern, die sich aus gesundheitlichen Gründen der öffentlichen Beteiligung in der Ratssitzung nicht aussetzen wollen, fast ins Lächerliche gezogen wurden, stimmt mich traurig. So war unter den gegebenen Bedingungen eine angemessene Öffentlichkeit in der Ratssitzung insbesondere zur Erarbeitung der Warendorfer Position zur Emsinsel einfach nicht möglich. Dass CDU und FDP dieses Thema trotzdem durchgedrückt haben, macht mich weiterhin fassungslos und zeigt: Hier werden Bürger nicht ernst genommen. Noch katastrophaler war dann das Abstimmungsergebnis zur Warendorfer Position: Gesprochen wurde seitens CDU und FDP von teilweiser Wohnbebauung mit grünen Elementen in guter Mischung mit anderen Planungen. Dies ist aber reine Schönfärberei. Die Mehrheitsfraktionen haben eine ‚Warendorfer Position‘ durchgedrückt, die mit den Ergebnissen der Werkstattgespräche des letztjährigen Moderationsverfahrens nichts zu tun hat. In den entscheidenden Positionen hat sich jetzt die Mehrheit gegen unseren erbitterten Widerstand für eine Wohnbebauung auch im nördlichen Bereich ohne Begrenzung der Bautiefe ausgesprochen. Damit wurde das Tor zur maximalen Wohnbebauung weit geöffnet. Und mit dieser Position gehen wir jetzt als ‚Verhandlungsposition‘ auf den Investor zu.
Und auch in einem zweiten Punkt zeigt sich, dass Mammutratssitzungen unter diesen Bedingungen keine gute Idee sind. Nach über 4 Stunden in brüllender Hitze stand ein Antrag der Linken zum sicheren Hafen auf der Tagesordnung, wonach der Rat und die Stadt alle Positionen der sicheren Häfen unterstützen sollten, u. a. als Kommune Aufnahmequoten zu ermöglichen, über Bundes- und Landesrecht hinausgehend. Der Sozialausschuss hatte sich einstimmig auf einen interfraktionellen Solidaritätsappell verständigt- mehr war mit den bestehenden Mehrheitsverhältnissen nicht möglich. Auch den erweiterten – zusätzlich im Rat gestellten – Solidaritätsantrag für die sicheren Häfen haben wir als SPD-Fraktion natürlich unterstützt, aber gegen die Mehrheit von CDU und FDP nicht durchsetzen können. In der Öffentlichkeit kam angesichts der Berichterstattung und angesichts der fortgeschrittenen Zeit nur an: Der Stadtrat war dagegen! Eine verkürzte und falsche Einschätzung, die der Wichtigkeit dieses Themas nicht gerecht wird.
Mein Fazit: Mammutratssitzungen ohne wirkliche Bürgerbeteiligung und ohne Beratung in den Fachausschüssen darf es nicht mehr geben. Und erst recht nicht in Coronazeiten! Wir wollen eine echte Bürgerbeteiligung. Und meine persönliche Hoffnung: Wir kommen mit anderen Mehrheiten im neuen Stadtrat doch noch zu einer wirklichen ‚Warendorfer Position‘ mit mehr Grün.