Antrag der SPD-Ratsfraktion an den Rat der Stadt Warendorf m. d. B. um vorherige Weiterleitung an den UPV-Ausschuss und den Sozialausschuss
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Linke,
die SPD-Ratsfraktion Warendorf beantragt, die nachfolgenden Anträge in der Stadtverwal-tung und im Rat der Stadt Warendorf sowie im Umwelt-, Planungs- und Verkehrs-Ausschuss und im Sozialausschuss zu behandeln:
1. Die Stadtverwaltung möge alle Mitglieder des Rates, des Umwelt-, Planungs- und Verkehrs-Ausschusses sowie des Sozialausschusses zeitnah schriftlich mit verbindli-chen Zahlen darüber informieren,
– wieviele SGB-II-Bedarfsgemeinschaften es im Gebiet der Stadt Warendorf und ihrer Ortsteile derzeit gibt;
– wie sich der Bestand an sozial gebundenem Wohnraum in diesem Gebiet in den letz¬- ten 15 Jahren von 2004 bis einschließlich 2018 entwickelt hat sowie
– wieviele Sozialwohnungen im Gebiet der Stadt Warendorf wegen der auslaufenden Sozialbindung in den kommenden 15 Jahren wegfallen werden.
2. In der aktuellen Bauleitplanung des Wohngebietes In de Brinke ist der Anteil der für den sozialen Wohnungsbau geplanten Wohneinheiten in den Mehrfamilienhäusern deutlich von bisher 30 % auf 50 % der Mehrfamilienhaus-Wohneinheiten zu erhöhen.
3. Die Sozial- und die Bauverwaltung der Stadt Warendorf werden beauftragt, im Jahr 2018 eine Strategie zur Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus für den Zeitraum bis 2035 zu erarbeiten und den kommunalpolitischen Gremien zur weiteren Behandlung und Entscheidung vorzulegen.
Begründung:
Die von der Stadt Warendorf in Auftrag gegebene Wohnungsmarktstudie (Begutachtungszeitpunkt bis 2014, vorgelegt 2015) hat u.a. ergeben, dass es in der Kernstadt und ihren Ortsteilen einen zunehmenden Mangel an sozial gebundenem Wohnraum gibt und auch weiterhin geben wird. Auf S. 86-87 der Begutachtung ist festgehalten, dass es sich bei dieser Studie nicht um ein Konzept handelt, sondern um eine Beschreibung des Ist-Zustandes mit Prognose, und dass die Stadt Warendorf berufen ist, eine Strategie zur zukünftigen Vorhaltung einer hinreichenden Zahl von Sozialwohnungen zu entwickeln. Soweit für die SPD-Fraktion ersichtlich ist eine solche Gesamtkonzeption von der Verwaltung der Stadt Warendorf bisher nicht entwickelt und vorgelegt worden. In den in den nächsten Jahren geplanten Wohngebieten ohne verlässliche Erfassung des mittel- und langfristigen Gesamtbedarfs nur eine bestimmte Zahl von dem sozialen Wohnungsbau zugänglichen Wohneinheiten vorzusehen, greift ganz deutlich zu kurz. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Stadtverwaltung und die Rathausmehrheit im geplanten Wohngebiet an der Kardinal-von-Galen-Straße im Schulviertel die Zahl der geplanten Sozialwohnungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf drastisch reduziert haben.
Dabei besteht nach den von der SPD-Fraktion ermittelten vorläufigen Zahlen aktuell und in den kommenden 10 bis 15 Jahren ein deutlich erhöhter Bedarf an neu zu schaffenden sozial gebundenen Wohneinheiten. Die sozial gebundenen Wohneinheiten im Gebiet der Stadt Warendorf einschließlich der Ortsteile sind offensichtlich von 762 in 2004 um rund ein Drittel auf 506 in 2018 gesunken. Angesichts von nach vorläufigen Informationen derzeit knapp 1000 SGB-II-Bedarfsgemeinschaften in Warendorf und den Ortsteilen (davon rund 850 von ansässigen Familien/Personen und 130 von anerkannten Flüchtlingsbedarfsgemeinschaften) bedeutet dies, dass nur rund die Hälfte der dringend auf günstigen Wohnraum angewiesenen SGB-II-Bedarfsgemeinschaften aktuell überhaupt die Möglichkeit hat, sozial gebundenen Wohnraum zu nutzen. In den nächsten zehn Jahren wird sich diese Situation noch drastisch verschärfen. Nach vorläufigen Informationen stehen von dem derzeitigen Bestand von 506 Sozialwohnungen in den kommenden zehn Jahren von 2018 bis einschließlich 2017 insgesamt 259, davon allein 133 (mehr als die Hälfte) in 2024 auf der sogenannten „Löschungsliste“, werden also aus der Sozialbindung herausfallen. Nach mündlichen Informationen der Stadt Warendorf hält es die Verwaltung gleichwohl offenbar für ausreichend, wenn pro Jahr mindestens 10 neue sozial gebundene Mietwohnungen in der Stadt Warendorf entstehen. Das würde nach den dargelegten vorläufigen Zahlen indes ganz deutlich noch nicht einmal ausreichen, um die in den kommenden zehn Jahren wegfallenden Sozialbindungen annähernd zu kompensieren (Wegfall von 259 Sozialwohnungen, Schaffung von 100 Sozialwohnungen), geschweige denn das dringend benötigte erhöhte Kontingent an Sozialwohnungen vorzuhalten. Der Bedarf an neuem sozial gebundenen Wohnraum ab 2018 geht deutlich über die Zahl der wegfallenden Sozialwohnungen hinausgehen. Eine Vielzahl von Anwärterinnen und Anwärtern für den sozialen Wohnungsbau gibt es sowohl bei ansässigen Bürgerinnen und Bür-gern (Familien mit niedrigem Einkommen, Alleinerziehende, junge Auszubildende und Studierende) als auch bei anerkannten Flüchtlingen.
Ein erster Schritt – neben der aus den o. g. Gründen dringend notwendigen Gesamtstrategie – ist es, in der Bauleitplanung des größten Baugebiets In de Brinke einen erheblich größeren Bedarf an Sozialwohnungen abzudecken als bisher geplant. Wir fordern daher, den bisher mit 30 % der Mehrfamilienhaus-Wohneinheiten geplanten Anteil in der aktuellen Bauleitplanung auf einen Anteil von 50 % zu erhöhen. Nach von der SPD-Fraktion mündlich eingeholter fachlicher Expertise muss dies keineswegs die Sorge einer „Ghettoisierung“ begründen. Denkbar ist es z. B., 1/3 der Mehrfamilienhäuser voll für den sozialen Wohnungsbau zu planen, ein 1/3 dieser Gebäude hierfür mit der Hälfte ihrer Wohneinheiten vorzusehen und das letzte 1/3 der freien Vermarktung und Vermietung zugänglich zu machen.
Die SPD-Fraktion ist sich bewusst, dass sozialer Wohnungsbau nicht nur eine Frage der Bauleitplanung ist. Es müssen auch Investoren (Einzelvermieter oder Wohnungsbaugesellschaften) bereit sein, sich mit den eher geringeren Rendite von Sozialwohnungen im Verhältnis zum freien Wohnungsmarkt zufrieden zu geben. Das Vorhalten bezahlbaren Wohnraums für alle Einwohnerinnen und Einwohner ist jedoch nach unserem Verständnis eine Kernaufgabe der Daseinsvorsorge der Stadt Warendorf. Möglicherweise kann die zukünftige Sicherstellung auskömmlichen sozialen Wohnungsbaus nur mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft erreicht werden.
Andrea Kleene-Erke Wolfgang Stüker Andreas Hornung
Fraktionsvorsitzende SPD-Sprecher Sozialausschuss SPD-Sprecher UPV